Eine Wertschöpfungskette beginnt unterm Mangobaum

Vielleicht 12 000 Tonnen Mangos werden pro Jahr in Ghana produziert, und gut 20 Prozent der Früchte eines Baumes haben Weltmarkt-Qualität. Aber nur etwa 1500 Tonnen werden tatsächlich exportiert. Das sind jedenfalls die Zahlen, die Rainer Ratsch schätzt. Den 44-jährigen Münchener habe ich in Accra kennen gelernt, und er hat mich mitgenommen nach Ho in die Volta-Region, um mir bei meinen Recherchen zu helfen und seine Arbeit zu zeigen. Für die GIZ betreut er als Regionalmanager das MOAP des MoFA – das Market Oriented Agricultural Programme des Ministry of Food and Agriculture. Die Voltaregion hat keine Bodenschätze und kein Öl vor der Küste. Aber Mangos. „Die Gewinnmarge von Mangos hat ein Potenzial von geschätzt 500 Prozent, mehr als etwa Gold oder Öl. Und hier in der Region gibt es wegen des Klimas zwei Ernten pro Jahr“, schätzt der gelernte Agraringenieur, der vor seiner Zeit in Ghana schon sieben Jahre in Papua-Neuguinea verbracht hat. Was also liegt näher, als eine Wertschöpfungskette (Value Chain) aufzubauen, die möglichst viel der 500 Prozent im Voltadelta bindet? Wertschöpfung, das ist einfach Geld verdienen, und möglichst viele Glieder in der Volta-Region sollen daran beteiligt sein: Produktion und Pflege, Auswertung von Boden- und Fruchtproben in hiesigen Labors, Transport und Weiterverarbeitung.

Es weht ein leichter Wind über den Volta und verschafft den sieben Männern etwas Kühlung, die sich in einer Lodge in Atimpoku am Ufer des Volta getroffen haben. Hier bildet der Volta die Grenze des früheren Deutsch-Togo-Land und der englischen Goldküste. Zum ersten Mal findet sich der Planungsstab für das „Produkt“ der GIZ, das Volta Value Chain Council (VVCC), zusammen, um das Vorgehen und die Ziele zu besprechen. Neben Rainer (links im Bild) sind Ben Offei, Herve Boukoua, William Amegbletor, Viktor Avah, William Moeli und Festus Kwame Kwadzokpo (von links) gekommen. Der Plan sieht vor, die bereits in Farmer based Organisations (FBO) organisierten Mangobauern ins VVCC einzugliedern. Dafür muss technische und organisatorische Hilfe geleistet werden. Wer will, kann dann auf die Global-GAP-Zertifizierung (Global Good Agricultural Practices) vorbereitet werden, um am Weltmarkt teilzuhaben. Denn nur dann haben sie eine Chance dauerhaft Mangos zu exportieren. Deshalb treffen im Volta Value Chain Council als Exekutive fünf Vertreter der FBOs, „Inputdealer“ wie zum Beispiel Chemikalienhändler und „Processors“, etwa Safthersteller und Hersteller von Trockenfrüchten zusammen.

Die Männer, die sich hier zusammengefunden haben, sind allesamt Experten auf ihrem Gebiet: als Trainer, technische Leiter einer Farm oder Betriebswissenschaftler. Herve Boukoua ist 33 Jahre alt, und eigentlich gebürtiger Kameruner. Aber Ecowas, die Staatengemeinschaft Westafrikas macht das Arbeiten und Reisen zwischen den Mitgliedsländern für die Einwohner ziemlich einfach, ähnlich der EU. Herve jedenfalls macht gerade seinen Masterabschluss an der Universität in Lomé, Togo, und arbeitet in Kurzzeitverträgen für die AFC, eine Bonner Unternehmensberatung, die sich unter Anderem auf Food Value Chain spezialisiert hat. Er ist für die Service Division zuständig: das Pack House, also die Weiterverarbeitungsstation, und die Produktion bei den Bauern. Unter die Pack-House-Section fallen Sammlung, Abpackung, Marketing und Transport und vor allem die Qualitätskontrolle: „Davon ist abhängig, ob die Mangobauern exportieren, denn nach EU-Recht darf beim Import nicht einmal eine einzige Fruchtfliege dabei sein. Kommt das ein zweites Mal vor, wird über das ganze Land ein Exportbann für Mangos verhängt.“ Dieses EU Recht ist mittlerweile als Global-GAP internationaler Standard. Für ihn ist ganz klar: Von der Organisation der Qualitätskontrolle und dem Reporting der Anbau- und Spritzmethoden ist der Erfolg abhängig. Denn das Pack House, das gerade gebaut wird, ist für rund 50 Tonnen Früchte ausgelegt. Täglich. Deshalb möchte Herve neben den Mangos und Ananas auch andere Früchte aufnehmen, damit das Pack House wirtschaftlich arbeitet.

„Good agricultural practice“ und „capacity building“, also Training in Sachen Anbaumethoden und Schaffen eigener Expertise bei den ghanaischen Partnern sind Aufgaben der GIZ. Unter anderem dafür sind William Amegbletor und William Moeli sowie Viktor Avah als Global-GAP-Trainer im Einsatz. Sie sollen die Mangobauern dafür begeistern, sich in einer Kooperative und den VVCC zu engagieren. Für Rainer ist wesentlicher Teil seiner Arbeit Vertrauensbildung, um die Zusammenarbeit der einzelnen Kettenglieder zu stärken. „Nur wenn der Eine darauf vertrauen kann, dass der andere seine Arbeit erledigt, pünktlich liefert, sich an die Vorgaben zur Düngung und Spritzung der Früchte hält, kann das ganze Projekt etwas werden.“

Nach drei Stunden leiser und aufmerksamer Gespräche ist das Planungstreffen beendet. Die Rednerliste ist zur Zufriedenheit aller abgearbeitet. Anfang und Vortritt hat übrigens ganz selbstverständlich William Moeli genossen – er ist der Älteste der Runde. „Jeden letzten Freitag im Monat“, sagt Viktor zum Abschluss auf die Frage, wann man sich wieder in dieser Runde treffen wolle. „Das war wahrscheinlich mein größter Erfolg heute“, sagt Rainer auf der Rückfahrt nach Ho über die offensichtlich erreichte Identifikation der Beteiligten mit dem Programm.