Vom schlimmsten Gefängnis der Welt zur karibischen Tourismusattraktion

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Die Existenz Französisch Guyanas wird auch von Franzosen gerne mal vergessen, spielt allerdings in deren Geschichte keine unbedeutende Rolle. Meistens ist nur die Rede von dem einen „Bagne“ (bedeutet: Strafkolonie), letztlich gab es jedoch an die 30 verschiedene Lager und Strafvollzugsanstalten über das Land verteilt. Am berühmtesten sind die Îles du Salut, die Heilsinseln, die einige Kilometer vor der Küste von Kourou liegen. Ein ziemlich düsteres Stück französischer Geschichte: Zwischen 1852 und 1946 saßen hier rund 70.000 Männer ein – schwerere und leichtere Verbrecher genauso wie politische Häftlinge. Das Gefängnis besteht aus drei Inseln: Île Royale war die Hauptinsel, wo einst die Verwaltung und die Krankenstation untergebracht waren, wo die Gefängniswärter wohnten. Auf der Île du Diable (Teufelsinsel) saßen Spione und politische Gefangene ein. Auf der Île Saint-Joseph die Verbrecher, von Betrügern bis hin zu Mördern.

Auf den Spuren von Papillon

Und wenn auch nur Wenige wissen, wo Französisch Guyana eigentlich liegt, geschweige denn, was dort passiert, haben doch verhältnismäßig viele Menschen einen Film gesehen – der genau dort spielt: Papillon. Haben mitgefiebert mit dem Häftling Henri Charrière, der wegen Totschlag im Bagno landet und dem es nach unzähligen Fluchtversuchen tatsächlich gelingt die Gefängnisinseln zu verlassen.

Heute sind die Inseln ein Ausflugsziel, im Begleitprogramm Baden im karibisch-türkisen Meer und Apéro auf dem Katamaran. Im Großen und Ganzen ist der Tourismus in Französisch Guyana verhältnismäßig dürftig ausgebaut. Dennoch, auf den ehemaligen Gefängnisinseln funktioniert er ganz prächtig. Mit rund 50.000 Besuchern pro Jahr sind sie die am meisten frequentierte Sehenswürdigkeit im Land.

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Auf der Île du Diable wurden Spione und politische Gefangene eingekerkert.

Ob es Papillon tatsächlich gegeben hat, das bleibe bis heute ungewiss, erzählt einer der beiden Guides, die den Katamaran steuern und die die Touristen mit dem Motorboot auf den Inseln absetzen. Seine heldenhafte Flucht, wie sie im Buch beschrieben wird, sei jedenfalls unwahrscheinlich. Wegen der Meeres-strömungen und wegen der Haie, die hier Tag ein, Tag aus um die Inseln schwammen. Und das nicht nur um die Spannung der Geschichte zu steigern, sondern aus dem einfachen Grund, dass die Schlachterei und überhaupt alle damals ihre Abfälle direkt ins Meer kippten. Für die Haie ein tägliches Festmahl, nur noch dann gesteigert, wenn Leichen im Meer „bestattet“ wurden.

Isolationshaft unter tropischer Sonne

Heute ist von den Haien nichts zu sehen. Und Angst brauche man vor denen auch keine zu haben, denn das Meer rund um die Inseln zähle zu den fischreichsten Gewässern der EU, erzählt der Guide. Die Haie haben also genug andere Nahrung. Von den Gefängniszellen stehen noch die Ruinen, die sich der Urwald langsam aber stetig zurückerobert. Zum Teil einsturzgefährdet, mit großen Warnschildern: Betreten verboten. In den Zellen für die Isolationshaft winden sich Lianen, sprießen Farn und Kokospalmen. Unvorstellbar, was das bedeutet haben muss, hier mehrere Jahre eingesperrt zu sein. Isoliert, tausende Kilometer entfernt von der Heimat, gnadenlos der Willkür von Gefängniswärtern und dem tropischen Wetter mit knallender Sonne und sintflutartigen Regengüssen ausgesetzt. Trotz Verfall und Hitze, jagt der Anblick der winzigen Zellen, der dicken Betonmauern und der rostigen Gitterstäbe immer noch einen kalten Schauer über den Rücken.

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Die ehemalige Krankenstation.