Langsam auf der Spur

In Venezuela verursacht das ganze Öl eine ganze Menge Probleme. Hinzu kommen Auswirkungen des politischen Programms: der Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Der hat zum einen viele Menschen aus der absoluten Armut in die relative Armut aufsteigen lassen und vielen Menschen zum ersten Mal einen Arztbesuch und eine höhere Schulbildung ermöglicht. Auf der anderen Seite stehen aber solche sozialistischen Platten, ist die Kriminalität sehr viel schlimmer geworden und das Währungssystem ein einziges Chaos.

Aber langsam komme ich ihr auf die Spur, der holländischen Krankheit. Sie heißt so, weil vor der holländischen Küste in den siebziger Jahren Erdgas gefunden und gefördert wurde, darunter aber alle anderen Industriezweige leiden mussten. Weil auf einmal durch den Verkauf des Erdgases ins Ausland sehr viele Devisen ins Land kamen, aber nicht mehr Güter produziert worden, entstand ein Ungleichgewicht. Holland  hat darauf schnell und gut reagiert, Venezuela hingegen hat mit diesem Problem schon lange zu tun. Eigentlich seit fast 100 Jahren, seit hier das Öl gefunden und gefördert wurde.

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Das schwarze Geld

Venezuela hat unglaublich grosse Oelvorkommen. Das schwarze Gold hat dem Land aber nicht nur Reichtum, sondern auch viel Armut gebracht. So paradox es klingt, dies ist ein Aspekt der hollaendischen Krankheit, auf deren Spuren ich mich die naechsten Wochen durch das Land bewegen werde.

Doch zunaechst soll es hier um den sehr viel praktischeren Fall gehen: Das schwarze Geld. Praesident Hugo Chavez hat den Bolivar Fuerte eingefuehrt, der Staerke markieren sollte, aber allein 2009 eine Inflation von 30 Prozent hingelegt hat. Also versuchen sich viele Venezolaner auslaendische Waehrungen wie Euro und Dollar zu sichern, der Schwarzmarkt blueht.

Denn der offizielle Wechselkurs (man kann auch nur im Land tauschen) ist so schlecht, dass Caracas eine der teuersten Staedte der Welt waere, wuerden sich alle Auslaender an den offiziellen Kurs halten und ihr Geld von der Bank abheben. Ein Mittagessen kostet zwischen zehn und dreissig Euro, je nachdem welchen Kurs man zugrunde legt. Ein Cheeseburger (ja, McDonald`s gibt es noch) zwischen 50  Cent und drei Euro.

Noch ist nicht alles verstaatlicht

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Aló Venezuela

Der Flughafen von Caracas ist naeher am Meer als an der Haupstadt selbst. Also habe ich die ersten Tage am Meer gewohnt und bin wieder unter die Pendler gegangen. Dauerte auch nicht laenger als von Bonn nach Frankfurt, dafuer fuhr aber ein Rumpelbus und kein ICE. Den man an der Strassenecke anhalten muss, wenn man mitfahren will. Buscards 100 gibt es auch nicht, dafuer kostet die einstuendige Reise etwas weniger als einen Euro.

Hinter diesem Berg liegt die Hauptstadt

Die Hauptstadt ist ein Moloch, ein einziger Auspuff mit Hupe. Kein Ort, wo man lange bleiben moechte, doch hier sitzen alle, die wichtig sind, und die ich jetzt nach und nach aufsuchen werde.

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Zwei Wochen Wahnsinn

Che-Fanatiker Eladio González in seinem Privat-Museum

Ich bin jetzt seit gut zwei Wochen in Buenos Aires, aber jedes Mal, wenn ich denke, das Land ansatzweise verstanden zu haben, schlägt die Realität wieder zu. Auf den ersten Blick ähnelt die Stadt vielen südeuropäischen, vor allem spanischen Städten. So habe ich zum Beispiel innerhalb von wenigen Tagen problemlos eine Wohnung im prenzlauerbergesken Viertel Palermo Soho zur Untermiete gefunden, mein Vermieter ist wie die meisten Leute hier freundlich und hilfsbereit. Entgegen vieler Warnungen habe ich bisher noch kein Falschgeld zurückbekommen, beim Wechselgeld runden die meisten Verkäufer sogar zu meinen Gunsten, statt mich übers Ohr zu hauen. Aber auch da gibt es Ausnahmen. Taxen kann man praktisch nur nehmen, wenn man das Fahrtgeld genau passend in der Tasche hat. Wenn nicht, dann tun Sie entweder so, als hätten Sie kein Wechselgeld, gerade wenn sie hören, dass man Ausländer ist. Oder sie tauschen den Schein gegen Falschgeld aus und empören sich dann, die Note wäre nicht echt und wollen eine neue. Eine Deutsche, die ich hier bei einem Tandem-Sprachtreffen zwischen Argentiniern und Deutschen getroffen habe, hat mir erzählt, dass der Taxifahrer beim Anblick eines großen Scheins sein Messer gezogen und gefragt hat, was sie sonst noch dabei hätte.

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Reise nach Shabunda – Teil II

Ankunft in Shabunda

"Flughafen" Shabunda - Terminal I

40° und kein Schatten. Man schnappt sich seinen Koffer und begibt sich zur DGM, dem kongolesischen Pendant eines deutschen Einwohnermeldeamtes, bzw. einer Einwanderungsbehörde. Die ist in einer 2×2 Meter großen Lehmhütte untergebracht, wo gerade zwei winzige Tische und zwei wackelige Holzbänkchen Platz haben. „Chef de Post“ Oscar studiert unsere Pässe, auf der „Ordre de Mission“ wird handschriftlich vermerkt: Vue à l`arrivée à Shabunda. Dann klappt er die Pässe wieder zu und verkündet, die Kosten für die Einreiseformalitäten beliefen sich auf 20 Dollar pro Person. Lange Verhandlungen beginnen. Es erscheint Pater Marco von der Paroisse, begrüßt uns herzlich in einem Französisch, welches mehr Ähnlichkeit mit seiner Muttersprache Italienisch hat und wechselt dann flott ins Kishuaheli um dem Chef de Poste klarzumachen, dass hier überhaupt niemand etwas zahlt. Tatsächlich kommen wir ungerupft davon und machen uns, nachdem auch Pater Paolo mit dem nächsten Flugzeug gelandet ist, zu Fuß auf den Weg in die Paroisse. Autos gibt es in Shabunda fast keine, von den Militärfahrzeugen der MONUC einmal abgesehen. Dafür nimmt das ganze Dorf Anteil an unserem Einzug. Irgendwer erscheint mit einem Fahrrad, darauf wird mein Koffer befestigt, jetzt habe ich die Hände frei um Dutzenden von Kindern die kleinen Hände zu schütteln und hundertmal „Jambo“ zu wiederholen. Pater Marco nimmt mich unter seinen Sonnenschirm, aber weil er knapp 2 Meter groß ist und außerdem ständig von Hütte zu Hütte eilt, um jemanden zu begrüßen, bleibt es eine gut gemeinte Geste. Es ist beeindruckend, ihn zu beobachten. Er scheint die Namen aller Bewohner zu kennen, macht Scherze, die meist großes Gelächter auslösen, tröstet ein altes Mütterchen, das klapperdürr auf einen Stock gestützt angehumpelt kommt, wendet sich einem etwa zehnjährigen Jungen zu, dessen eine Gesichtshälfte merkwürdig entstellt ist und erklärt mir, der Junge habe Epilepsie und sei während eines Anfalles ins Kochfeuer gefallen. Überhaupt gäbe es hier sehr viele Fälle von Epilepsie, das habe mit dem Krieg zu tun. Zwei kleine Jungen wollen sich einen Streich erlauben und zupfen ihn von hinten am Hemd. Mit gespielter Entrüstung dreht er sich um und droht mit dem Sonnenschirm. Die Kleinen flitzen wie die Wiesel davon, Schuhe haben sie keine an den Füssen, und die Schelte des Paters sorgt für stürmische Heiterkeit. Kein Zweifel, der Mann ist hier zu Hause. Er weist mich auf eine Ansammlung zusammengezimmerter, mit Blattwerk bedeckte Holzstände hin, auf denen ein paar Erdnüsse und dürftiger Plastikkram ausgebreitet liegen. Das sei der Markt. Kaum Obst, wenig Gemüse, ein paar Eier, sonst nichts.

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