„Piñera, dir bleiben 4 Tage, um kostenfreie Bildung anzukündigen.“ Das Transparent, das die Studenten hochhalten, klingt ziemlich bedrohlich, ihr Auftreten ist es nicht. Die etwa 100 jungen Leute, die an diesem Mittag vor dem Präsidentenpalast aufgezogen sind, hüpfen und lachen, während sie ihre Losungen skandieren. Die ebenfalls angerückten carabiñeros sehen eher gelangweilt zu, sie kennen das Schauspiel schon, es wiederholt sich dieser Tage regelmäßig um 12 Uhr.
„Gerade jetzt ist es wichtig, dass wir auf unsere Anliegen aufmerksam machen“, sagt Jurastudent Roberto (22). Er und seine Mitstreiter zählen Präsident Sebastián Piñera vor dessen Rede zur Lage der Nation kommende Woche einen Countdown. Aus ihrer Sicht ist die Ansprache die letzte Möglichkeit des Regierungschefs, auf ihre Forderungen einzugehen, bevor der Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen Ende des Jahres richtig an Fahrt aufnimmt. Enttäuscht Piñera sie in seiner Rede, wollen sie in den nächsten Monaten erneut verstärkt auf die Straße gehen. So oder so ist für Dienstag bereits ein großer Aufmarsch in Valparaíso geplant. Das heißt auch für mich: Vamos a Valpo.
Während die Studenten ihr Transparent wieder einrollen, baut sich ein paar Meter weiter eine andere Gruppe junger Leute auf. Allesamt in gelbe Overalls gekleidet, recken sie auf ein Kommando die Hände gen Himmel. Noch eine Protestaktion? „Nein“, sagt eine Frau, „eine künstlerische Intervention von Architekturstudenten“. Aha. Mangelnde Beweglichkeit kann man den chilenischen Studenten jedenfalls nicht vorwerfen.