Erst einmal eine Entwarnung (es könnte gut sein, dass meine Eltern einen Blick in diesen Blog werfen): Trotz all dem, was man über die Sicherheitslage in Mexiko so hört, ist mir hier bislang nichts passiert. In keinem Moment hatte ich das Gefühl, einer ernsten Gefahr ausgesetzt zu sein oder um mein Wohlbefinden fürchten zu müssen.
Nun zu den Zahlen und Fakten, die ein weniger schönes Bild der Sicherheit im Land zeichnen:
- Seit dem Beginn des Drogenkrieges, in dem die mexikanische Regierung die Kartelle offen bekämpft, sind seit 2006 mehr als 70.000 (!) Menschen getötet worden.
- Für Journalisten ist Mexiko eines der gefährlichsten Länder der Welt.
- Eine aktuelle Umfrage hat ergeben, dass sich 68 Prozent der Mexikaner unsicher fühlen.
- Im Jahr 2012 wurden nach Schätzungen des Mexikanischen Bundesamtes für Statistik INEGI (Instituto Nacional de Estadística y Geografía) etwa 105.000 Menschen entführt – nicht eingerechnet sind die „Express-Entführungen“, dazu gleich mehr.
- Eine weitere INEGI-Statistik besagt, dass im vergangenen Jahr 92 (!) Prozent aller begangenen Straftaten nicht angezeigt wurden.
Wie sieht die Sache nun für mich als Europäer aus, der das Land im kommenden Jahr genau so verlassen möchte, wie er es betreten hat? Nämlich gesund, am Stück und ohne Opfer eines Verbrechens geworden zu sein!?!
Mit dem Drogenkrieg als solchem kommt man als reisender Ausländer eigentlich nicht in Berührung. Die erschreckend große Zahl an Toten beschränkt sich vor allem auf Personen, die eine aktive Rolle darin spielen. Das heißt, es sind Mitglieder der verfeindeten Kartelle, Dealer, Polizisten, Journalisten, die sich den Kartellen in Weg stellen oder andere Beteiligte, die auf einer der beteiligten Seiten stehen. Die Morde finden gezielt statt – die Gefahr, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein und so zum Opfer zu werden, ist äußerst gering, gerade auch wenn man die unsicheren Landesteile, auf die sich der Drogenkrieg weitestgehend beschränkt (vor allem der Norden Mexikos), auf seiner Reise durch die Republik meidet.
Eine ernste Gefahr, Opfer eines Verbrechens zu werden, stellen vor allem – neben dem für Großstädte in vielen Ländern üblichen Taschendiebstahl – Raub und Entführung dar.
Wenn ich mein Hotel in Mexiko-Stadt verlasse, dann mit wenig Geld in der Tasche, einer Kopie meines Reisepasses, sonst nichts. Falls sich dann mal jemand vor mich stellen sollte und mit Taschenmesser oder Pistole bewaffnet mein Portmonee fordern sollte, dann bekommt er halt die 300 Pesos (entspricht knapp 17 Euro). Wenn man sich tagsüber im sicheren (riesigen) Stadtzentrum aufhält und nachts nicht außerhalb des touristischen Ausgehviertels Zona Rosa zu Fuß unterwegs ist, hat man die Raub-Gefahr schon ziemlich gemindert.
Um eine Entführung zu vermeiden, sollte man vor allem nachts nicht einfach in irgendein Taxi steigen. Tagsüber ist es zwar auch nicht unbedingt zu empfehlen, aber vor allem nach Anbruch der Dunkelheit ist die Gefahr groß, Opfer einer Express-Entführung zu werden. Dabei werden die Gekidnappten im Taxi so lange gefangen gehalten, bis die Täter alle Wertsachen an sich genommen und alle Kreditkartenkonten leergeräumt haben. Außerdem werden Angehörige und Freunde telefonisch aufgefordert, Blitz-Überweisungen zu tätigen, damit das Opfer wieder freikommt. Diese Express-Entführungen können wenige Stunden oder einige Tage dauern. Um diesem Verbrechen aus dem Weg zu gehen, sollte man – vor allem nachts – Taxis nur telefonisch bestellen. Die Zentrale nimmt die Daten für die Fahrt auf und sagt, wann das Taxi mit welcher Fahrzeugnummer ankommt.
An dieser Stelle wiederhole ich noch einmal mein Eingangsstatement: In keinem Moment hatte ich bislang das Gefühl, einer ernsten Gefahr ausgesetzt zu sein oder um mein Wohlbefinden fürchten zu müssen. Sicherheit ist vor allem ein Gefühl. Außerdem ist das Mexiko-Bild international durch die Gewaltberichterstattung schwer angeschlagen. Wenn 15 Personen ermordet und an eine Brücke gehängt werden, ist es eine Nachricht. Wenn 115 Millionen Mexikaner in Frieden leben, nicht.
Bei meinem letzten Mexiko-Aufenthalt vor zwei Jahren sagten mir ein paar mexikanische Bekannte, sie würden niemals nach Spanien reisen. Wegen des ETA-Terrors und der Madrider Zuganschläge 2004 sei das Land einfach zu gefährlich für sie.