Es ist eine pompöse Treppe, die das Zentrum von Eriwan mit dem nördlichen Stadtteil „Monument“ verbinden soll. Stufe für Stufe gehen Besucher an Skulpturen internationaler Künstler vorbei. Angefangen bei den dicken Figuren des kolumbianischen Künstlers Fernando Botero, über eine überdimensionale, aus Metallornamenten bestehende Teekanne der portugiesischen Künstlerin Joana Vasconcelos bis hin zu einer riesigen Orchidee, deren Oberfläche aus Glas, Keramik und Halbedelsteinen besteht von Maylee Chrisie aus Großbritannien.
All diese Kunstwerke umringt von Springbrunnen und bunten Blumenbeeten. Wer bis nach oben läuft, hat einen Blick auf die gesamte Stadt – bei gutem Wetter sogar mit Sicht auf den Ararat-Berg. Wieso also Dilemma? Wer die Treppe bis zum Ende erklimmt, wird nicht nur mit einem tollen Blick auf die Stadt belohnt. Denn die obersten Stufen der Kaskade enden nicht im Stadtteil „Monument“, wie eigentlich geplant. Sie enden in einer riesigen Baugrube. Rostige Stahlstreben ragen aus dem Boden. 78 Meter liegen zwischen dem Ende der Kaskade und der Terasse, die im Stadtteil „Monument“ liegt.
Die Idee für die Kaskade stammt schon aus den 1920er Jahren. Alexander Tamanyan, der als Chefarchitekt Eriwans das heutige Stadtbild stark geprägt hat, hatte damals die Idee die beiden Stadtteile mit Wasserfällen und Gärten miteinander zu verbinden. Daher auch der Name „Kaskade“. Seine Pläne wurden jedoch nicht realisiert und blieben vergessen. Erst im Jahr 2002 wurde der Bau in Angriff genommen, nachdem er in den 1980er Jahren schon einmal geplant war, aber aufgrund eines verheerenden Erdbebens und dem Zusammenbruch der Sowjetunion wieder auf Eis gelegt werden musste. Finanziert wurde der Bau von Gerard Cafesjian, einem amerikanischen Geschäftsmann mit armenischen Wurzeln. Sieben Jahre lang wurde die Treppe gebaut. Wieso sie nicht fertig gestellt wurde, weiß keiner so wirklich. Cafesjian starb im Jahr 2013.
Und da steht sie nun. Halbfertig. Die prunkvolle Kaskade im Herzen der armenischen Hauptstadt. Ein Dilemma.