Mazaalai, mazaalai, mazaaaaalai. Sechs Nomadenkinder und ihre Musiklehrerin singen aus voller Kehle das alte Volkslied über den Mazaalai, den Gobi-Bären. “Lieben und schützen“ soll man den Zottelbären heißt es im Liedtext, und dafür sorgen, dass er immer genug Rhababerwurzeln zu fressen hat. In einem klapprigen russischen Minibus holpert die kleine Reisegruppe durch die Gobi. Das Auto ist vollbesetzt, es ist heiß und staubig, doch die Stimmung unter den Schülern ist super. Übermorgen beginnen die Sommerferien und heute geht es auf eine ganz besondere Klassenfahrt. Ziel ist ein erloschener Vulkan, seine schwarzen Steine sollen zum kzlingen gebracht werden. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin wollen die Kinder das altertümlichste der mongolischen Instrumente bauen – ein Steinxylophon.
Nach einer dreiviertel Stunde Fahrt kommen wir am Ziel an, die Hitze flirrt, 40 Grad im Schatten, aber die Kinder stürmen aus dem Bus, kraxeln auf den Hang des Vulkans und suchen dort den Boden ab.
Steine gibt es reichlich, aber nicht alle taugen für ein Xylophon: nur die, die glockenhelle, klare Töne von sich geben, wenn man mit einem Stöckchen draufschlägt, kommen in die engere Auswahl. Do, Re, Mi… die Musiklehrerin übernimmt die fachkundige Kontrolle der Tonhöhe, ein tragbares kleines Messgerät hilft ihr dabei.
Von überall am Hang hört man nun die Töne erklingen. Es dauert nicht lange, und schon haben die Schüler mehrere Haufen aus glatten, handtellergroßen Vulkansteinen aufgeschichtet. Nur die besten, die mit dem klarsten Klang, werden für das Xylophon verwendet. Das Instrument funktioniert ganz ohne technischen Schnickschnack und sogar ohne Gestell: die Nomadenkinder und die Musiklehrerin balancieren die Steine auf den Fingerspitzen und ein Mädchen schlägt mit zwei Stöcken, an deren Enden kleine Schafsknochen befestigt sind, auf die Steine. Der Sound der Wüste: Wunderbar!
Für die Kinder geht es zurück zur Dorfschule, für mich noch tiefer in die Wüste, weiter Richtung chinesischer Grenze. Die Biologen der Nationalen Universität der Mongolei haben eine weitere Expedition geplant, die sich dieses mal auf das gesamte Bärengebiet ausdehnt. Dabei handelt es sich um eine Fläche, die mit ca. 40.000 km2 größer als Nordrhein-Westfalen ist. Das alles natürlich ohne Straßen, ohne Strom, ohne Mobilfunknetz.
Direkt an der ersten Oase ein Treffer: Der Bär war hier, er hat deutliche Fußspuren und eindeutige Exkremente hinterlassen. Für die Biologen sind die Kothaufen ein Schatz mit hohem Informationsgehalt: sie erkennen, was und wieviel der Bär gegessen hat und ob er gesund ist. Auch wann der Mazaalai das letzte mal an der Wasserstelle war lässt sich grob abschätzen, in unserem Fall ist es gerade mal einige Stunden her. Nachdem die Forscher Bärenhaare gesammelt, Boden- und Wasserproben genommen und die Temperatur gemessen haben, geht es zurück zum Auto und dann weiter zur Übernachtung, irgendwo in der Wüste. Den Klang des Steinxylophons habe ich noch im Ohr…