Das Büro von Li Bo erinnert ein bisschen an eine Baustelle. In einer Ecke steht ein Umzugskarton. Das Bücherregal ist erst halb aufgebaut. „Wir sind gerade erst umgezogen“, entschuldigt er sich. Das alte Büro sei zu klein geworden. Li Bo ist Direktor der chinesischen NGO „Ziran Zhiyou“ (übersetzt etwa „Naturfreunde“).
Von ihm will ich wissen, wie die Diskussion über den Klimawandel von den chinesischen NGOs wahrgenommen wird. Im Herbst 2009, kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen, hatte eine Gruppe chinesischer NGOs eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht – unter den Unterzeichnern neben den „Naturfreunden“ auch internationale Gruppen wie Greenpeace, WWF (China) und Oxfam (Hongkong). Darin hatten die NGOs – was die internationalen Klimagespräche angeht – nahezu vollständig die Position der chinesischen Regierung übernommen.
Druck der chinesischen Regierung?
Eine Journalistenkollegin aus Peking bezweifelte, dass die Erklärung die wirkliche Position der NGOs wiedergebe. Wahrscheinlich habe die Regierung hinter den Kulissen Druck ausgeübt. Als ich Li Bo auf diesen Punkt anspreche, schüttelt er den Kopf. „Keiner hat uns Vorschriften gemacht, was wir zu sagen haben.“ Die NGOs in China seien in einer sehr schwierigen Situation. „Wenn wir einer Meinung mit der Regierung sind, dann sagen die Ausländer, wir seien das Sprachrohr der Regierung. Und wenn wir die ausländischen Organisationen unterstützen, dann wirft uns die chinesische Regierung vor, wir würden vom Ausland kontrolliert.“
Natürlich, meint Li Bo, könne auch China noch mehr tun, um den Klimawandel zu bekämpfen. Ein Großteil der Solarenergie würde zum Beispiel überwiegend für den Export produziert. Dabei könnte man sie auch in China einsetzen. Aber: „Die Industrieländer haben historisch die größte Verantwortung für den Klimawandel. Sie sollten mit einem guten Vorbild vorangehen, dann würden auch die Entwicklungsländer folgen. Die Industriestaaten reden immer sehr viel. Aber sie tun zu wenig.“
Kritik am amerikanischen Lebensstil
„Ich habe in den USA studiert“, erzählt er, „deswegen kenne ich die Lage dort ganz gut“. In viele Familien gebe es dort zwei oder gleich drei Autos. Und die Amerikaner würden überall damit hinfahren. Präsident Bush habe noch gesagt, der „American way of live“ sei nicht verhandelbar. „Wie kann denn so etwas nicht verhandelbar sein“, erbost sich Li Bo?
„Wir haben letztes Jahr angefangen in chinesischen Haushalten den Stromverbrauch zu messen. Zum Beispiel in den alten Vierteln Pekings, den Hutongs. Wir wollten den Menschen zeigen, wo sie noch Strom sparen können.“ Davon würde natürlich auch das Klima profitieren. Aber auf viel Verständnis seien sie mit ihrer Aktion nicht gestoßen, erzählt Li Bo.
„Viele Menschen finden das ungerecht“
„Viele haben gefragt, warum wir denn ausgerechnet bei Ihnen messen würden – sie verbräuchten doch ohnehin schon sehr wenig.“ Die Menschen in den Entwicklungsländern spürten einfach, wie ungerecht das sei. „Das ist wirklich so!“ „Wir wissen alle, dass wir acht oder neun Welten bräuchten, wenn wir alle so leben würden, wie die Amerikaner. Aber warum ist es so schwierig, genau darüber zu reden?“