200 Kenia-Schilling will Lydia für drei große Mangos und eine Avocado. Umgerechnet sind das etwa 1,80 Euro. Die Scheine, die mir der Geldautomat in der Mall ein paar Straßen weiter ausgespuckt hat, sind deutlich größer. Auf Wechselgeld will ich hier lieber nicht spekulieren. Und der aus einigen Brettern und einem Sonnenschirm aufgebaute Obststand am Rande einer Seitenstraße in Nairobi sieht auch nicht unbedingt nach einem Laden aus, der Kartenzahlung ‚unter 10 Euro‘ akzeptiert. „Kann ich mit M-Pesa bezahlen?“ frage ich. Lydia zeigt wortlos auf das Holzschild, auf dem in großen weißen Buchstaben ‚Lydia‘s Shop‘ steht. Darunter, kaum sichtbar, hat jemand mit Kugelschreiber eine Telefonnummer gekritzelt.
In der Mall hatte ich wenige Minuten zuvor im Shop des größten kenianischen Mobilfunkanbieters Safaricom eine kenianische SIM-Karte für mein Handy erstanden und mich gleichzeitig für den mobilen Bezahldienst M-Pesa registrieren lassen. Mit dem Handyguthaben überall bezahlen – ob das wirklich so funktioniert, wie ich es gelesen hatte, wollte ich jetzt gleich bei Lydia testen.
Eine App brauche ich dazu nicht. M-Pesa kann ich über ein kleines Programm bedienen, das direkt auf die SIM-Karte geschrieben ist. Das geht auch ohne Smartphone. Es genügt ein einfaches älteres Modell. Vor allem in der Anfangszeit von M-Pesa war das entscheidend. Populär wurde M-Pesa nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen 2007. Die gewalttätigen Proteste in den Monaten danach kosteten weit über 1000 Kenianern das Leben. Gerade der ärmeren Bevölkerung, die über kein Bankkonto verfügten, bot M-Pesa damals die Möglichkeit, ihr weniges Erspartes in Sicherheit zu bringen und Einkäufe zu erledigen.
Heute nutzen über 25 Millionen Kenianer aktiv M-Pesa – das ist etwa die Hälfte der Bevölkerung. Safaricom hat nicht zuletzt Dank M-Pesa quasi eine Monopolstellung im Mobilfunksektor, auch wenn der größte Konkurrent Airtel durch günstigere Tarife und ein eigenes mobiles Bezahlsystem langsam aufschließt. In den Straßen dominiert trotzdem das Safaricom-Grün. Gefühlt jedes dritte Geschäft, vom Kiosk bis zur Apotheke, bietet den Service, Bargeld in M-Pesa-Guthaben umzuwandeln.
Auf meinem Handy wähle ich den Menüpunkt ‚Send Money’ und gebe Lydias Nummer und den Betrag ein. Einige Sekunden später erhalte ich eine Bestätigungs-SMS. Lydia wirft nur einen flüchtigen Blick auf mein Display. Ihr eigenes Handy holt sie nicht heraus. Die Mangos und die Avocado packe ich in meinen Rucksack. Plastiktüten sind in Kenia nämlich verboten. Grün scheint hier so ein Ding zu sein.