Nur wenige Meter oberhalb der Kirche San Francisco, mitten im Zentrum von La Paz, liegt die Straße Jose M. Linares. Während der Name sich auf dem Stadtplan ganz alltäglich anhört, sieht es vor Ort alles andere als gewöhnlich aus. „Calle de las brujas“ steht in großen Lettern auf dem Schild über dem eigentlichen Straßennamen geschrieben: Hexenstraße.
Getrocknete Lamaföten, allerhand Pülverchen und Trunks, Industriealkohol und auch jede Menge Kokablätter gibt es hier zu kaufen – alles was man für ein k’oa, ein traditionelles Brandopfer, braucht. Nach alter Tradition sollen sie Pachamama (Mutter Erde) milde stimmen und helfen, ihre Gunst zu gewinnen. Großer Geldsegen, eine gute Ernte oder ein treuer Ehemann – für jeden Wunsch werden bestimmte Zutaten ausgewählt und das entsprechende k’oa vorbereitet.
Während es so früher vor allem Einheimische die Geschäfte zog, tummeln sich dort heute vor allem Touristen auf der Suche nach spannend-gruseligen Fotomotiven. Zwischen den Geschäften haben sich allerhand Straßenhändler gemischt, die auch zahlreiche Kokaprodukte feilbieten: Kokatee, Kokasirup, Kokamehl und vieles mehr. „Alles reine Koka“, erklärt Verkäuferin Anna stolz und zeigt auf einen Kokatrunk. „Einen Schluck täglich vor dem Essen hilft dem ganzen Körper: bei der Verdauung, er ist gut für Herz und Magen oder bei Kopfschmerzen“, versichert sie. Ein Kokabalsam verspricht nicht nur Abhilfe bei Verspannungen und Erkältungen, auch gegen Bettnässen soll es Abhilfe schaffen.
Wenige Meter von Annas Geschäft entfernt hat Silvestre seinen kleinen Verkaufsstand aufgebaut. Auch er schwört auf die Heilkraft der Koka. Neben „Teufelstropfen“ gegen Krebs und Steviapulver hat er sich auf Kokaprodukte spezialisiert. „Koka hilft dem ganzen Körper“, beschwört auch er und fügt stolz hinzu: „Mich kennen hier alle, Kunden aus der ganzen Welt kaufen meine Produkte“. Auch einige Geschäfte weiter ist die traditionell gekleidete Verkäuferin von der Heilkraft der Koka überzeugt. Unter jedes Auge hat sich die alte Dame ein Kokablatt geklebt. „Die helfen mir richtig zu sehen. Ohne die müsste ich schon längst eine Brille tragen“, sagt sie und lacht.