Willkommen in Nigeria

Wer Abuja sieht, könnte meinen, in diesem Land ist alles in bester Ordnung. Modern geplant, breite Straßen mit organisiertem Verkehr, riesige Grünanlagen. Nelson Mandela soll beim Besuch der nigerianischen Hauptstadt erstaunt gesagt haben, dass Afrikaner nicht mehr nach Europa reisen brauchen. Hier sehe es doch genauso aus.

Doch schon ein paar Tage im Land reichen aus um zu sehen, dass in Nigeria wahrlich nicht alles in bester Ordnung ist. Ordnung mag es noch im Stadtkern Abujas geben, immerhin wurde die Hauptstadt auf dem Reißbrett entworfen. Doch schon außerhalb des Stadtzentrums beginnt das Chaos, denn Abuja wurde offensichtlich nur für Gutverdiener gebaut. Jetzt zieht der Reichtum der Stadt tausende Arbeitssuchende an, die sich im Speckgürtel niederlassen. Unzählige ungeplante Siedlungen entstehen und werden regelmäßig von der Regierung mit Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht, sobald eine wichtige Person Anspruch auf das Land erhebt.

Auch wenn das viele Leute hier nicht gern hören: Nigeria hat enorme Probleme. Der Inhalt einer nigerianischen Tageszeitung wäre in Deutschland genug, um das komplette ARD-Programm mit Brennpunkten zu füllen. Milliardenschwerer Steuerdiebstahl von Politikern, bewaffnete Raubüberfälle auf Polizeistationen, Bombenanschläge auf Kirchen, Racheattacken auf Muslime, Pastoren mit Privatjets. Ganz ehrlich: viele optimistische Stimmen für eine positive Zukunft des Landes habe ich noch nicht gehört. Aber immerhin habe ich schon einige Nigerianer getroffen, die wirklich was bewegen wollen, die Hoffnung machen.

In den nächsten Tagen werde ich das Reißbrett Abuja verlassen, um in anderen Teilen des Landes zu recherchieren, welche wirtschaftlichen Alternativen Nigeria zu seinen Ölreserven hat. Der Rohstoffreichtum hat nur einem Bruchteil der Bevölkerung eine Menge Geld eingebracht und den Unterschied zwischen Arm und Reich extrem vergrößert. Kann und will das bevölkerungsreichste Land Afrikas in anderen Wirtschaftsbranchen zulegen, um seine Entwicklung voranzutreiben? Dieser Frage werde ich in den nächsten Wochen auf die Spur gehen. Ich bin gespannt, wie sich meine ersten Eindrücke entwickeln werden. Insgeheim hoffe ich, dass sie sich verbessern werden…