Marisha lächelt, posiert für die Kamera, ein tolles Motiv: Dunkle Haut, weisse Zähne (wenn auch nicht mehr alle…das hat hier kaum mehr einer…), ein knalloranger Umhang. Und das alles mitten in endlosen Reihen dunkelgrüner Teebüsche. Die Touristenbusse stoppen, die Fotoapparate klackern – nur ein paar Minuten, denn es regnet in Stömen. Marisha kennt das alles seit Jahren. Auch den ständigen Regen hier auf 1800 Meter Höhe. Sie zeigt auf die rote Plastikhülle auf dem Kopf – ein aufgeschnittener Müllsack hält ihr zumindest den Regen vom Rücken ab. Auf dem trägt sie täglich rund 20 Kilo Teeblätter. Mindestens 18kg, wenn es mehr sind kriegt sie mehr Geld – sprich über zwei Euro pro Tag. Ihre Hände greifen blitzschnell nach den obersten drei Blättern der Pflanze – nur die darf sie abreissen. Acht Stunden lang geht das so, kein Wunder, dass ihre Finger dicke Hornhaut haben.
Ceylon-Tea: Big business dank Hungerlöhnen
Unten in der Teefabrik lächelt eine nette junge Frau in adrett-grüner Uniform ebenfalls in die Kameras. Sie spricht gut englisch, spult ihren Text ab – hauptsächlich Zahlen, hauptsächlich die, die ihr „big boss“, der Teebaron, gerne hört: „You pluck the top three tealeaves, after one week they have grown again. It only takes 24 hours to produce the tea: From plucking the tea-leaves until packaging and sending to the tea-auction in Colombo! Sri Lanka produces more than 300.000 tons per year!“
Und ab geht’s zur nächsten Station in der Fabrik: Trocknen, zerbröseln, fermentieren, nochmal trocknen, abpacken – die Maschinen rattern, die Führerin rattert ihren Text herunter.
Hungerlohn, aber die Baracke umsonst!
Nur einmal stutzt die Touristenführerin: Wie die Pflückerinnen denn von zwei Euro pro Tag leben könnten? Selbst ein Kellner oder Bauarbeiter bekommt zumindest drei Euro am Tag. Kurze Pause, ein künstliches Lächeln: „You know, they get free accommodation!” Sie zeigt auf die Baracken in den Plantagen.
Das Kilo Tee kostet rund 10 Euro – für die Teebarone ein Wahnsinnsgeschäft: Es ist das wichtigste Agrarerzeugnis des Landes, ein Exportschlager: eine Milliarde Dollar machen die Barone damit pro Jahr. Und das klappt auch nur, weil die Pflückerinnen mitspielen, oder mitspielen müssen. Fast alle sind Tamilien, und zwar Tamilen aus Südindien. Die englischen Kolonialherren haben sie Ende des 19.Jahrhundert angeworben. Auch Marishas Vorfahren sind Inder. „We only employ women“, erklärt die Führerin, „they are better and faster than men“! Und sie Lächeln, so wie Marisha – wenn auch künstlich. Aber egal, das Motiv für’s Ausland stimmt!