Toussaints – Allerheiligen ist bunt in Französisch Guyana. Überall vor den Geschäften haben Händler Plastikblumen ordentlich nach Farben aufgereiht. Gelbe Chrysanthemen, lilafarbene Rosen, orange Astern. Manchmal mit einem Hauch von Glitzer auf den künstlichen Blüten. Die Blumen werden kartonweise gekauft und zusammen mit Unmengen weißer und roter Grabkerzen zum Friedhof getragen. Die Gräber sind blitzblank. Polierte Kacheln und weiße Kreuze leuchten in der Sonne vor blauem Himmel, den langsam die Nacht übernimmt.
Gegen Abend strömen die Menschen familienweise auf den Friedhof von Cayenne. Großmütter haben sich Stühle mit gebracht, die Enkel im Teenageralter lassen ihre Beine vom Grab baumeln und schauen ein bisschen gelangweilt, so wie sie das überall auf der Welt tun, wenn sie zu Familienereignissen verpflichtet werden. Kleinkinder rennen zwischen Grabsteinen und Grüften herum.
Gestorben wird immer und überall – so zeigt sich auf dem Friedhof auch die absolut gemischte Bevölkerungsstruktur von Guyana: Chinesen, Kreolen, Franzosen, Brasilianer, Menschen, denen man ansieht, dass irgendwelche Vorfahren sich nicht an diese Herkunfts-Kategorien gehalten haben. Es wird geplaudert, getrauert, gelacht. Von irgendwoher schallt andächtige Musik eine Stufe zu laut über das Meer aus Kerzen, Blumen und Kreuzen. Da wo die Toten liegen, ist an Allerheiligen ziemlich viel Leben.
Und alle haben diese bunten Plastikblumen dabei, verteilen sie auf und um die Gräber. Kein deutscher Friedhof kann mit diesem Farben-Overkill konkurrieren. Bis vor ein paar Jahren, erzählt eine Dame, waren auch in Cayenne noch eher die echten Blumen bevorzugt. Doch dann wurden Vasen und sonstige Behälter verboten. Eine Brutstätte für Dengue- und Malaria-Mücken. Zu groß das Risiko, dass beim nächsten tropischen Regenguss alles mit Wasser vollläuft und sich anschließend die Larven einnisten. Allerheiligen ist in Französisch Guyana bunt, lebendig – und Aktionstag gegen Mücken.