Der Eingang ist ein bisschen versteckt. Man muss das L’Autre Bistro schon kennen, um es in einer kleinen Seitenstraße zu finden, nicht weit von der American University in Beirut. Rima Khcheich steuert ohne zu zögern auf das Bistro zu und nimmt an einem Tisch im Wintergarten Platz. Zwischen ihrem Unterricht an der American University und der nächsten Privatstunde hat sie sich Zeit für das Interview genommen. Rima hat Sängerinnen wie Macadi Nahhas aus Jordanien oder die Libanesin Yasmine Hamdan unterrichtet, die inzwischen in Paris lebt und arbeitet. Einmal im Jahr gibt Rima Kurse für klassischen arabischen Gesang in Massachusetts in den USA.
Arabischer Gesang trifft auf Musiker aus den Niederlanden
Im L’Autre Bistro bestellt sie heute einen Linsensalat. Nicht nur die Speisekarte ist hier anders als in den Fastfoodrestaurants ringsum. An der Wand hängt eine Uhr im Jugendstil, die Stühle sind kunstvoll verschnörkelt. Ein Kleinod. Genauso wie Rima Khcheich. Die zarte Frau mit den großen, strahlenden Augen beherrscht die Kunst der Muwashahat, wohl mit das Schwerste, das die orientalische Musik zu bieten hat. Die Ursprünge der Muwashahat gehen zurück ins neunte Jahrhundert, als die Muslime in Andalusien regierten. Es sind gesungene Gedichte von einem Solokünstler. Hawa, zu Deutsch Wind, heißt ihr aktuelles Album, und genauso leicht fliegen ihre Muwashahat dahin. Rima Khcheich wird dabei dezent von ihrer Band begleitet. Es sind überwiegend Musiker aus den Niederlanden. Vor 14 Jahren haben sie auf einem Jazzfestival in Beirut gespielt und nach einer arabischen Sängerin gesucht. Seitdem sind sie ein eingespieltes Team.
Regelmäßig reist Rima für Konzerte nach Europa und in die USA. „Es wird dich überraschen“, sagt sie, „aber das europäische und das US-amerikanische Publikum weiß klassische arabische Musik besser zu schätzen als das arabische.“ Dort könne sie in einem Konzert ausschließlich Muwashahat spielen. Wenn sie in arabischen Ländern auftrete, mische sie immer einige leichtere Songs aus ihrem Repertoire unter die klassischen Lieder. „Bei einem meiner letzten Konzerte hat mir eine Frau gesagt: ‚Wir sind hier, um auf andere Gedanken zu kommen, aber du singst diesen schwierigen Kram‘“, sagt Rima. Dennoch seien ihre Konzerte in Beirut für sie die besten.
Ihr Vater hielt Rima von der kommerziellen Karriere ab
Den ersten Auftritt hatte Rima Khcheich vor mehr als 30 Jahren. Damals war sie neun und sang einen ihrer Muwashahat in einer Talentshow im Fernsehen. „Ich wusste als kleines Mädchen nicht, dass das etwas sehr Schweres war, das nicht jeder konnte“, erinnert sie sich mit einem Lächeln. Noch heute werde sie von Leuten auf die Fernsehshow angesprochen. Ihr Vater, der sich erst spät den Traum erfüllt hatte, ein Instrument zu lernen, war immer mit dabei. Er sei es gewesen, der dafür gesorgt habe, dass sie sich treu blieb und nicht den kommerziellen Weg einschlug. „Als ich klein war haben viele Restaurants gefragt, ob ich dort singe. Sie würden alles bezahlen, was ich will.“ Rimas Vater hat das abgelehnt, und Rima gibt ihm Recht: „Ein Restaurant, in dem die Menschen essen und rauchen, ist keine gesunde Umgebung für ein Kind. Mein Vater hat mir immer gesagt, dass das unser Hobby ist und dass wir lernen müssen, weil es das Wichtigste im Leben ist.“ Die Art, wie ihre Eltern sie unterstützt und gefördert haben, sei außergewöhnlich für die arabische Welt, sagt Rima. Für ihr Leben aber war dies grundlegend.
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Rima Khcheich: A Juwel of Classical Arabic Singing
The entrance is somehow hidden. You need to know L’Autre Bistro if you want to get there in one of the small and narrow side streets not far from the American University. Rima Khcheich heads directly towards the bistro and chooses a table in the winter garden. In that hour between her classes at the American University and her next private lesson she arranges this interview. Rima taught singers such as Macadi Nahhas from Jordan or Lebanese Yasmine Hamdan, who now lives and works in Paris. Once a year Rima gives classes for classical Arabic singing in Massachusetts in the United States.
Today at L’Autre Bistro she orders a lentil salad. Not only the menu is different from the fast food restaurants around here. The clock on the wall is in art nouveau stile and the chairs look somehow baroque. A juwel – such as Rima Khcheich, a tender woman with sparkling bright eyes. She handles the art of Muwashahat, one of the most difficult songs in oriental music. The origins of Muwashahat go back to the ninth century when the Muslims ruled in Andalusia. A soloist sings these poems. Rima’s recent album is called Hawa, which means wind. And as the wind her Muwashahat fill the room. Rima Khcheich is scarcely accompanied by her band of mostly Dutch musicians. They met at a Jazz festival in Beirut 14 years ago, when the band was looking for an Arabic singer. From this day they make music together.
For her concerts Rima travels routinely to Europe and the US. “You will be surprised”, Rima says, “the European and the American audience appreciate the classical Arabic music more that the Arab audience.” At her concerts in the West she can exclusively play Muwashahat. Whenever she plays in Arab countries she mixes some of her easier songs with her classical ones. “At my last concert a woman told me: ‘We came here to change our mood, but you played this difficult staff’”, Rima recalls. Nevertheless, her concerts in Beirut are the most precious to her.
Rima Khcheich had her first public performance more than 30 years ago. At that time she was only nine years old and at a talent show on TV when she sang one of her Muwashahat. “Actually it was a hard one”, Rima says with a smile, “but when I was young I didn’t know that this was something difficult and not everybody can sing it.” Still today she meets people who remember her from the TV show. Always by her side is her father – who realized his dream of playing an instrument only as an adult. Because of him she remained true to herself and he prevented her from choosing the commercial path, Rima says. “When I was young many restaurants asked if I would sing there. They’d pay anything I want.” But Rima’s father refused all offers, and Rima agrees on that: “A restaurant where people are eating and smoking is not a healthy environment for a child. My father always told me that singing is our hobby and that we have to study because this is the most important thing.” The way her parents supported her is extraordinary for the Arab world, Rima says, and for her life it was essential.