Madagaskar ist riesig – nämlich viermal so groß wie Deutschland. Gleichzeitig ist die Infrastruktur ziemlich mies. Etwa 96 Prozent der Straßen sind nicht ausgebaut. Das macht es teilweise sehr schwierig, von einer Stadt in die nächste zu fahren. Um von Tuléar im Südwesten nach Morondava im Westen zu kommen, habe ich zum Beispiel über 30 Stunden gebraucht – dabei liegen zwischen den Städten nur etwa 300 Kilometer. Eigentlich ist das hier nicht mein Recherche-Thema, ich möchte aber trotzdem von meiner gestrigen Erfahrung berichten. Zum einen, weil es hier jeden Touristen betreffen kann und zum anderen, weil es ein Ausdruck der Korruption in der Justiz ist.
Ich bin mit einem Minibus von Morondava zurück in die Hauptstadt, Antananarivo, gefahren. Eigentlich sollte die Strecke gute 12 Stunden dauern, am Ende waren es über 16. Auf halber Strecke durch die hohe Berge sind wir an einer Menschenansammlung vorbei gekommen: Etwa 100 Dorfbewohner waren gerade dabei, einen ziemlich demolierten Unfallwagen noch weiter zu zerstören. Erst dachte ich, zwei Autos wären zusammengeprallt, doch der zweite Unfallwagen fehlte. Wenige hundert Meter später hatten auch wir eine Panne – die Bremsen haben komplett versagt. Zum Glück konnten wir andere Autos anhalten, die für uns ins nächste Dorf gefahren sind, um Werkzeug zu besorgen. Bei der Gelegenheit haben wir mitbekommen, was mit dem Unfallauto zuvor passiert war: Ein Fahrer, der mit Touristen unterwegs war, hat einen Motorradfahrer bei einem Zusammenstoß umgebracht. Schrecklich genug, aber was danach kam, hat mich wirklich verstört: Der Fahrer und die Touristen mussten von der Unfallstelle fliehen und sich in den hohen Bergen verstecken. Die Dorfbewohner waren hinter ihnen her, um sie umzubringen.
Von anderen Leuten in meinem Bus habe ich erfahren, warum. Die Justiz scheint Fälle wie diese nicht sonderlich ernst zu nehmen, denn in der Regel werden die Fahrer nach wenigen Stunden wieder aus dem Gefängnis entlassen – gegen Geld, natürlich.