Harare im September könnte für alle, die über eine sehr selektive Wahrnehmung verfügen, die perfekte Stadt für Romantiker sein: Überall blühen die Jacaranda-Bäume in sattem Lila, und nachts sieht man so viele Sterne wie in keiner anderen Hauptstadt der Welt, ziemlich sicher. An ersterem habe ich mich noch lange nicht satt gesehen und -fotografiert; ich habe mir sagen lassen, die Bäume seien damals, als Simbabwes Wirtschaft noch brummte, massenhaft zur Dekoration angepflanzt worden. Im Frühling der Südhalbkugel, also September/Oktober – die hier gleichzeitig die heißesten Monate sind, bevor die Regenzeit einsetzt –, steht die halbe Innenstadt voll von lilafarbenen Blüten. Es gibt sogar ganze Jacaranda-Alleen gesäumt von den Bäumen, deren dunkles, festes Holz Musikinstrumentenbauern unter dem Namen Palisander ein Begriff sein dürfte.
Und damit zum Sternenhimmel, der an vielen Stellen der Stadt wesentlich üppiger daherkommt als etwa in Berlin, Kapstadt oder Nairobi: Es gibt kaum Lichtverschmutzung, die den Sternenhimmel trüben könnte. Weite Teile der Stadt liegen im Dunkeln, weil der Strom rationiert wird. Teilweise bleiben auch die Verkehrsampeln dunkel, sogar tagsüber.
In vielen Straßen gibt es nur in ein paar Nachtstunden Elektrizität. Auch während ich diese Zeilen tippe, ist mein Laptop die einzige Lichtquelle im Raum neben einer kleinen Lampe – zwischen 20:00 und etwa 20:30 Uhr gab es mal kurz Strom, seitdem (jetzt ist es 22:30 Uhr) ist Ebbe. Wer es sich leisten kann, speist per Generator das eigene Hausnetz, was lärmt und stinkt, vor allem aber in seiner Energieeffizienz und den Kosten pro Kilowattstunde gar nicht zu vergleichen ist mit einem regulären Kraftwerk. Wer sich noch etwas mehr leisten kann, setzt sich Solarzellen aufs Haus, und dann gibt es auch noch große Batterien, die einen Haushalt allein mit Solarstrom auch nachts autark machen. Ich habe von Leuten gehört, die 25.000 US-Dollar in solche Anlagen investiert haben.
Solche Systeme kann sich hier aber kaum jemand leisten, und so bleiben die meisten Lichter aus. „ZESA is off“, sagt man hier, womit die staatliche Elektrizitätsgesellschaft gemeint ist. Als eine der Ursachen gilt der niedrige Wasserstand an Stauseen, die als Wasserkraftwerke genutzt werden. Viele Menschen haben mit der Unberechenbarkeit des Stromnetzes zu kämpfen, auch wenn sie sich noch so sehr daran gewöhnt haben. Die Industrie, die auf Strom angewiesen ist, trifft das ganz besonders. Meine Wahrnehmung ist jedenfalls nicht selektiv genug, um das zu übersehen, da können die Jacaranda-Bäume noch so schön blühen.