Ankunft in Shabunda
40° und kein Schatten. Man schnappt sich seinen Koffer und begibt sich zur DGM, dem kongolesischen Pendant eines deutschen Einwohnermeldeamtes, bzw. einer Einwanderungsbehörde. Die ist in einer 2×2 Meter großen Lehmhütte untergebracht, wo gerade zwei winzige Tische und zwei wackelige Holzbänkchen Platz haben. „Chef de Post“ Oscar studiert unsere Pässe, auf der „Ordre de Mission“ wird handschriftlich vermerkt: Vue à l`arrivée à Shabunda. Dann klappt er die Pässe wieder zu und verkündet, die Kosten für die Einreiseformalitäten beliefen sich auf 20 Dollar pro Person. Lange Verhandlungen beginnen. Es erscheint Pater Marco von der Paroisse, begrüßt uns herzlich in einem Französisch, welches mehr Ähnlichkeit mit seiner Muttersprache Italienisch hat und wechselt dann flott ins Kishuaheli um dem Chef de Poste klarzumachen, dass hier überhaupt niemand etwas zahlt. Tatsächlich kommen wir ungerupft davon und machen uns, nachdem auch Pater Paolo mit dem nächsten Flugzeug gelandet ist, zu Fuß auf den Weg in die Paroisse. Autos gibt es in Shabunda fast keine, von den Militärfahrzeugen der MONUC einmal abgesehen. Dafür nimmt das ganze Dorf Anteil an unserem Einzug. Irgendwer erscheint mit einem Fahrrad, darauf wird mein Koffer befestigt, jetzt habe ich die Hände frei um Dutzenden von Kindern die kleinen Hände zu schütteln und hundertmal „Jambo“ zu wiederholen. Pater Marco nimmt mich unter seinen Sonnenschirm, aber weil er knapp 2 Meter groß ist und außerdem ständig von Hütte zu Hütte eilt, um jemanden zu begrüßen, bleibt es eine gut gemeinte Geste. Es ist beeindruckend, ihn zu beobachten. Er scheint die Namen aller Bewohner zu kennen, macht Scherze, die meist großes Gelächter auslösen, tröstet ein altes Mütterchen, das klapperdürr auf einen Stock gestützt angehumpelt kommt, wendet sich einem etwa zehnjährigen Jungen zu, dessen eine Gesichtshälfte merkwürdig entstellt ist und erklärt mir, der Junge habe Epilepsie und sei während eines Anfalles ins Kochfeuer gefallen. Überhaupt gäbe es hier sehr viele Fälle von Epilepsie, das habe mit dem Krieg zu tun. Zwei kleine Jungen wollen sich einen Streich erlauben und zupfen ihn von hinten am Hemd. Mit gespielter Entrüstung dreht er sich um und droht mit dem Sonnenschirm. Die Kleinen flitzen wie die Wiesel davon, Schuhe haben sie keine an den Füssen, und die Schelte des Paters sorgt für stürmische Heiterkeit. Kein Zweifel, der Mann ist hier zu Hause. Er weist mich auf eine Ansammlung zusammengezimmerter, mit Blattwerk bedeckte Holzstände hin, auf denen ein paar Erdnüsse und dürftiger Plastikkram ausgebreitet liegen. Das sei der Markt. Kaum Obst, wenig Gemüse, ein paar Eier, sonst nichts.
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