Sie empfangen Gläubige wie Touristen vor den Pagoden oder am Eingang zur Markthalle, an der großen Kreuzung neben einem der Einkaufszentren: Frauen und Männer oft im traditionellen Longyi mit Käfigen oder Körben eng bevölkert von kleinen Vögeln sind mir schon an meinem ersten Tag in Myanmars urbanem Zentrum Yangon mehrmals aufgefallen. Gelbe Kanarien schlagen ihre kleinen Flügel im Wettstreit mit ein paar Spatzen und manchmal auch selteneren Vogelarten, ihr Zwitschern ein hektisches Piepsen. Wer ihrem Halter einige Kyatt oder einen Dollar gibt, bekommt einen der Piepmatze in die Hand und entlässt ihn aus der Gefangenschaft zurück in die Freiheit.
Für umgerechnet wenige Cent erkauft sich der vermeintliche Vogelretter – so der Glaube – die Hoffnung auf plötzliche Rettung, wenn er in einer verzwickten Lebenslage mal selbst keinen Ausweg findet; „Luck Bird“ heißen die gefangenen Vögel daher. Der Brauch erscheint nur auf den ersten Blick als nette Geste und hübsches Fotomotiv: Um einen Vogel freilassen zu können, muss er zunächst gefangen werden. Viele Tiere sterben in der Gefangenschaft und auf dem langen Weg vom Land in die Städte.