Unternehmerinnen in Bangalore: „I wish we had the confidence of a semi qualified man!“

Da ich mich mit der Situation von Frauen in Bangalore beschäftigen möchte, spreche ich zuerst mit den Frauen, die ich in Bangalore bereits kenne: Freundinnen, die ich kennengelernt habe, als ich hier vor sechs Jahren ein Praktikum gemacht habe. Sie alle arbeiten, genauso wie wiederum ihre Freundinnen – in der Tech-Industrie, als Designerin, im Familienunternehmen oder haben sogar ein eigenes Unternehmen gegründet. 

Gemeinsam mit einer Freundin bei der Tech-Start-Up-Messe Techsparks

Je mehr ich mit Frauen rede, desto mehr kommt mir Bangalore wie eine Bubble vor: eine westliche, moderne Bubble. Viele Frauen wollen entweder in Bangalore leben und arbeiten oder im Ausland – das bedeutet in den USA oder in Europa. Sie verziehen das Gesicht, wenn ich frage, warum Mumbai oder Delhi nicht in Frage kommen. Denn in meinem Kopf ist die Gleichung ganz klar: Je größer die Stadt desto vielfältiger die Möglichkeiten und desto mehr Freiheiten hat man. Aber in Indien geht die Gleichung nicht auf. Delhi sei viel patriarchaler als Bangalore, erzählt mir die Gründerin eine Projekts, das die Geschichten marginalisierter Frauen in Indien in den Vordergrund rückt: „Bangalore ist kosmopolitischer als andere Metropolen, ohne dabei eine große einheimische Bevölkerung zu haben. Das sorgt dafür, dass die Bewohnerinnen weniger sozialen Druck spüren. Frauen, die hier her kommen, finden Anonymität und mehr Privatsphäre.“ 

Der soziale Druck ist trotzdem Teil jedes Interviews, das ich führe. Die Familie und die Gemeinschaft, in der Frauen in Indien aufwachsen, haben einen großen Einfluss. Viele Frauen und Männer leben noch lange im Haus der Eltern und ziehen erst aus, wenn sie heiraten. Und auch arrangierte Ehen sind auch heute noch total normal, erzählt mir eine andere Frau, die als Ingenieurin bei einem großen US-amerikanischen Konzern arbeitet. Sie wollte eigentlich mit ihrem Freund, den sie auf der Arbeit kennengelernt hat, Ende des Jahres nach London ziehen und heiraten. Seine Eltern waren dagegen. Nachdem sie vier Jahre zusammen waren, wollten seine Eltern nicht sie kennenlernen, sondern nur ihre Eltern. Sie war nicht gut genug. Ihr Freund gab nach. Sie zieht jetzt alleine nach London.

Panel bei Techsparks zum Thema Vereinbarkeit von Mutterschaft und Unternehmertum

Bei Techsparks – einer Tech-Start-Up-Messe spreche ich mit weiteren Frauen, die selber ein Start-Up leiten. Frauen sind bei dieser Veranstaltung klar in der Unterzahl, obwohl einige Keynotes und Panels sogar Themen wie Gleichberechtigung am Arbeitsplatz und Vereinbarkeit von Mutterschaft und Unternehmertum thematisieren. Dabei wird viel darüber diskutiert, was Frauen davon abhält, ein Unternehmen zu gründen. Immer wieder wird dabei der selbe Grund genannt: Selbstzweifel. Eine Panelteilnehmerin erklärt: „I wish we had the confidence of a semi qualified man!“ Und als Finanzministerin Nirmala Sitharaman nach ihrer Keynote von der Veranstalterin gefragt wird, was sie sich von der Start-Up Szene in Indien wünscht, sagt sie: mehr Frauen in diesem Raum. Etwas später schiebt sie noch hinterher, dass der geringe Frauenanteil natürlich ein globales Problem sei, aber Indien könne ja auch hier eine Vorreiterrolle einnehmen.

Keynotepräsentation der indischen Finanzministerin bei Techsparks