Ecuador galt einmal als eines der sichersten Länder Lateinamerikas. Seit 2019 ist die Mordrate um mehr als 500 Prozent gestiegen. Wie berichtet man aus einem Land mit einer der höchsten Kriminalitätsraten weltweit?
Knapp 40 Kilometer sind es vom Flughafen bis ins Zentrum der ecuadorianischen Hauptstadt. Genug Zeit für ein erstes Länderbriefing – vom Taxifahrer. So mache ich das eigentlich immer. Was beschäftigt euch hier so? Wo drückt der Schuh? Irgendwas in der Art frage ich den Mann am Steuer, hier in Quito heißt er Manuel.
Ich erzähle ihm, dass ich zum ersten Mal in Ecuador bin, aber eigentlich schon recht Südamerika-erfahren. Aus Kolumbien, Peru und Bolivien habe ich schon berichtet. Das organisierte Verbrechen war dabei fast immer Thema. Aber hier ist etwas anders, das merke ich schnell. Denn nicht einmal Leute, die ihr ganzes Leben in Ecuador verbracht haben – Menschen wie Manuel – können so richtig begreifen, wie sich ihr Land in den letzten paar Jahren entwickelt hat.
In ihrem diesjährigen Index zählt die Global Initiative Against Transnational Organized Crime Ecuador zu den “Top 15”-Ländern mit der weltweit höchsten Kriminalitätsrate – gleichauf mit Syrien und hinter Afghanistan und dem Libanon. Laut der Organisation Insight Crime lag die Mordrate in Ecuador letztes Jahr bei 25,9 pro 100.000 Einwohner:innen. Mancherorts ist sie noch deutlich höher, zum Beispiel in der Hafenstadt Guayaquil. Die Stadt gilt als Drehscheibe für den internationalen Kokainhandel.
Wer den kriminellen Banden in die Quere kommt, riskiert sein Leben: Der Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio hatte der Drogenkriminalität den Kampf angesagt – und wurde im August auf offener Straße erschossen. Im Juli wurde der Bürgermeister der Küstenstadt Manta umgebracht. Und erst diese Woche der Lokalpolitiker Charbel Rouhana.
Im Dezember nimmt in Ecuador eine neue Regierung ihr Amt auf. Dann wird Daniel Noboa der jüngste demokratisch gewählte Präsident in der Geschichte des Landes. Der 35-Jährige ist der Sohn eines der reichsten Männer Ecuadors. Bisher hat er nur vage erklärt, wie er die Sicherheitslage in den Griff kriegen will. Die Rede ist von einem ganzheitlichen Konzept.
Hauptsache, es ändert sich was, sagt Manuel.