Fisch oder Fleisch

Müde und ausgehungert starre ich auf die Karte des Restaurants in Santiago. Lachs gegrillt, Lachs frittiert, Lachs gedünstet, Lachs in Whiskey-Soße, Lachs mit Lachs. Nach 20 Stunden Flug inklusive Aufenthalt in Sao Paulo will ich nur noch essen und schlafen. Na gut, das ein oder andere Glas chilenischen Rotweines darf natürlich auch dabei sein. Oder doch lieber ein Pisco Sour? Ich entscheide mich für beides. Nur was soll ich essen? Ich frage den Kellner, wo denn der Lachs herkommt? “Natürlich aus Chile”, antwortet er stolz. “Der beste Lachs der Welt!” Leider weiß ich schon zu viel und nehme das Steak. Und das war eine gute Wahl. Ich bekomme ein Stück Fleisch, so groß wie der Teller, blutig und dick. Die beiden blonden Skandinavierinnen am Nachbartisch mit ihren gedünsteten Lachshäppchen schauen angewidert zu mir rüber. Ich lächle zurück. Wenn ihr wüsstet…

Der chilenische Lachs begegnete mir also schon am ersten Tag meiner Reise. Trotzdem verlasse ich Santiago de Chile am nächsten Tag wieder. Eigentlich wollte ich hier der NGO “Terram” einen Besuch abstatten, die sich mit der Lachszucht in Chile beschäftigt und scharfe Kritik in Richtung Lachsindustrie sendet. Doch kurz bevor meine Reise beginnt, teilt man mir mit, ich solle doch besser erst im März vorbeikommen. Im Februar sei das Büro in Santiago geschlossen. Urlaubszeit. Den ganzen Monat. Ok, das hätten sie mir auch früher sagen können aber ich komme ja nochmal zurück in die Hauptstadt. Überhaupt entpuppt sich meine Reisezeit als nicht ganz so clever ausgewählt. Der Februar ist die Haupturlaubszeit der Chilenen und ich musste meine Reiseplanung mehrfach umwerfen, um alle Leute treffen zu können, mit denen ich reden wollte. Die Chilenen sind ganz entspannte Menschen, als ich mich vor einigen Monaten ankündigte, hieß es immer “kein Problem, komm einfach vorbei”.

Nun bin ich also schon am dritten Tag meiner Reise, nach 15 Stunden Busfahrt, in Puerto Montt gelandet. Dem Zentrum der Lachsindustrie in Chile und wohl auch das größte Ballungsgebiet dieser Industrie weltweit. 60 000 Menschen verdienen in dieser Region ihr Geld direkt mit dem Lachs, wahrscheinlich deutlich mehr indirekt. Von Zulieferbetrieben bis zu den Prostituierten im Hafenviertel.

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Karaoke to go

Grazil und anmutig tanzen vier Laotinnen in traditionellem Sin im Park. Sie haben ihre Haare alle zum gleichen Dutt hochgesteckt und bewegen sich absolut synchron. Sie tanzen tatsächlich so, wie man das aus asiatischen Werbevideos kennt: Tippelschritte, Arme und Finger schweben vor dem Gesicht hin und her, Dauerlächeln. Dazu scheppert Musik aus einem tragbaren Ghettoblaster. Ein junger Mann in Jeans und Karohemd steht dahinter und schmachtet den Liedtext in eine kleine Video-Kamera.

In einer der wenigen Grünanlagen Vientianes läuft ein wichtiger Dreh für ein Karaoke-Video. Wenn der karierte Held fertig ist, wechselt die Besetzung. Eine bildschöne Laotin betritt die Kulisse, ebenfalls von vier quasi geklonten Tänzerinnen flankiert. Das traditionelle Kostüm ist viel zu groß für die schmale Gestalt. Eine Maskenbildnerin muss das Oberteil hinten mit Stecknadeln deutlich enger stecken. Da kann die junge Künstlerin noch richtig hineinwachsen – ebenso wie in ihre Karriere.

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“One Laptop Per Child” – Die Zukunft Ruandas?

 

Ein XO mit "Hasenohren"

In Ruanda gibt es ein Entwicklungshilfeprojekt, das zunächst etwas absurd anmutet. Es heißt „One Laptop Per Child (OLPC)“. Die amerikanische OLPC-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst vielen Kindern in Entwicklungsländern einen eigenen Computer zur Verfügung zu stellen. Den Kindern sollen sich so Bildungschancen eröffnen, die sie ohne Computer nie bekämen. Langfristig soll so die digitale Kluft zwischen der Ersten und der Dritten Welt verkleinert werden.

Die Stiftung wurde anfangs belächelt, denn sie wollte für ihr Vorhaben einen eigenen billigen Computer bauen. Sie haben es gegen alle Widerstände tatsächlich geschafft. Der Kinder-PC heißt XO, ist aber besser bekannt unter dem Namen „100-Dollar-Laptop“. Allerdings kostet er 200 Dollar pro Stück, aber dazu später mehr.

Ein zugeklappter XO

Bis Januar 2011 hat OLPC weltweit zwei Millionen Laptops verteilt. Ein riesiger Erfolg, mit dem anfangs niemand gerechnet hat. Die Stiftung ist weltweit, aber hauptsächlich in den Schwellenländern Südamerikas aktiv. Nun besuchte vor nunmehr fast sechs Jahren der ruandische Präsident Paul Kagame während eines USA-Aufenthaltes eine Präsentation des Stiftungsgründers, auf der dieser die Computer und seine Vision vorstellte. Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen, hat der deutsche Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt einmal gesagt. Kagame ging aber nicht zum Arzt sondern zurück nach Ruanda und verordnete seinem Land eine Bildungsoffensive. Er hatte die einmalige Chance und das riesige Potential von OLPC für sein Land erkannt. Seitdem ist Ruanda das mit Abstand größte OLPC-Projekt in Afrika.

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Laotisches Liebesleben

Phoun und Maicy stehen unter einem Blumenbogen, ein Plakat mit ihren Namen flattert im Wind. Sie lächeln schüchtern. Manchmal schaut Maicy Phoun von der Seite an, aber der guckt unfokussiert starr geradeaus, oder alternativ auf seine Schuhspitzen. Der schönste Tag im Leben sieht anders aus, sollte man meinen. Aber heute ist Phoun und Maicys Hochzeitstag.

Phoun ist 26 Jahre alt, seine Braut 25. Die Familien sind erleichtert. Für eine Eheschließung in Laos sind die beiden schon ziemlich alt. Am glücklichsten von allen strahlt der Brautvater in rotem Hemd und schwarzer Stoffhose. Er muss zwar das ganze Fest bezahlen und es kostet ihn ein Vermögen. Dafür hat er seine Tochter endlich an den Mann gebracht. Immerhin haben sich Phoun und Maicy selbst für einander entschieden.

Das war vor allem in den ländlichen Regionen von Laos nicht immer so.

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Der herbe Charme Afrikas…

Mein Rekord-Minibus: 19 Personen

Nach nunmehr einigen Wochen habe mich an Afrika gewöhnt. Die Armut in Ruanda ist für mich inzwischen Alltag. Das Mitleid und Erschrecken ist der Erkenntnis gewichen, dass diese Menschen ihr Leben so gewöhnt sind. Sie sind arm aber glücklich. Sie leiden nicht unter ihrer Armut, weil sie etwa einmal reich waren.

Trotzdem kann man natürlich einiges tun, um ihre Lebensumstände zu verbessern. Daran arbeiten hier auch viele Leute jeden Tag sehr hart. Fährt man durch die Straßen von Kigali, dann sieht man das „Who is who“ der internationalen Entwicklungsorganisationen: World Vision, US Aid, UNICEF, UNHCR, World Food Program, World Relief, GIZ, OLPC und viele anderen haben hier ihre Büros. Sie alle haben Hilfsprojekte in praktischen allen Regionen des Landes.

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Der buddhistische Blick auf die Wasserkraft

Outh David Phabmixay sitzt auf der Terrasse seiner Eco-Lodge etwa 80 Kilometer nördlich von Vientiane am Nam Lik Fluss. Er trägt Freizeitlook: weites Hawaii-Hemd statt Anzug, schließlich ist Wochenende und er zum Entspannen hier. Endlich. Denn der Weg zur Lodge ist alles andere als entspannt: 2 Stunden mit dem Pickup über die Nationalstraße 13, die asiatische Panamericana. Dann querfeldein über einen holperigen Feldweg und schließlich noch mal 15 Minuten mit dem Roller auf einem schmalen Sandpfad. Die letzten Meter sind nur zu Fuß zurückzulegen – hinein in den Dschungel.

Dort hat Outh David Phabmixay sein Glück gefunden und seine innere Ruhe „schließlich bin ich Buddhist“ lacht er und blickt ins Grüne und auf den Fluss. Das ganze Gelände gehört ihm. 86 Hektar Dschungel, vor 4 Jahren gekauft, samt Feldwegen Flora, Fauna und einem eigenen See. Outh David Phabmixay bezeichnet sich selbst als Naturalisten. Die Übersetzung Umweltaktivist würde es wohl besser treffen. Und das macht in ihn Laos zu einer raren Spezies.

Lange schlummerte das Land hinter dem Bambus-Vorhang ohne größere Umwelteinflüsse.

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Beten für Anfänger

Das Einsteigerset für den Tempelbesuch umfasst 12 dünne lange Kerzen in gelb oder weiß, Räucherstäbchen, meist schon im Bündel und Blumen oder Blumengestecke – alles schön auf einem Tablett angerichtet. Alles ohne Festpreis sondern auf Spendenbasis an den Ständen am Eingang zum Vat zu bekommen. Fortgeschrittene bringen Bananen oder Kokosnüsse.

Aber so weit bin ich noch nicht, als ich mich in die Warteschlange einreihe, zwischen Frauen aus allen Gesellschaftsschichten: Dünne, dicke, junge, alte, überschminkte und runzelige, im traditionellen Sin auf hohen Hacken oder im ausgeleierten T-Shirt, in Schuluniformen. Und vor allem schwangere. Sie alle stehen vor dem Vat Simuang Schlange, um zu beten.

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Zu Besuch im Buddha Park

24 Kilometer südöstlich von Vientiane am Mekong liegt die wohl schrägste Sehenswürdigkeit des Landes: Xieng Khouan – der Buddha Park. Der Ausflug dorthin ist eine Tagesreise mit Erlebnis-Charakter. Knapp eine Stunde dauert die holprige Fahrt in einem überfüllten Kleinbus vom Busbahnhof aus. Die Anschlagstafeln sind so verblichen, dass sie ohnehin keiner mehr lesen kann. Dafür fahren die Busse so lange es hell ist sehr zuverlässig im 20 Minuten-Takt.

Und trotz der engen Taktung sind die Gefährte immer voll. Regulär gibt es in solch einem Bus 20 Sitzplätze plus Fahrer. Machbar sind aber auch drei statt zwei Personen pro Sitzreihe. Vorausgesetzt man hat keine europäischen Hüften und lange Beine…. Außerdem locker 10 Stehplätze und Stauraum für alles Mögliche inklusive noch lebender Tiere. Berührungsängste sind ohnehin was für Farang, Ausländer, da darf man nicht zimperlich sein.

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Gestörtes Gleichgewicht

30 Ausländer umrunden im Zeitlupentempo im Storchengang einen Tempel in Vientiane. Eigentlich braucht man sich nicht wundern, wenn die Laoten die Farang komisch beäugen, sie hin und wieder fotografieren, ihre Haare anfassen wollen und oft lachend den Kopf schütteln. Wahrscheinlich halten sie uns alle für Aliens – vom anderen Ende des Universums. Dabei ist das, was die Aliens da tun Völkerverständigung par excellence! Eine Vipassana-Meditation aus dem buddhistischen Kulturkreis und kein alter Opferritus.

Einmal in der Woche lädt das Kloster Sokpaluang zur Vipassana-Mediation. Eineinhalb Stunden mit anschließender Fragerunde. Vipassana ist eine der ältesten Meditationstechniken bedeutet so viel wie „die Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind“. Ursprünglich kommt das ganze aus Indien und dient als universelles Heilmittel gegen universelle Krankheiten. Der Leiter des Klosters schwört darauf und für seine Mitmönche ist die tägliche Meditation deshalb Pflicht. Wenn die Zeit reif ist, schlägt ein Mönch den Gong. Oder in diesem Fall besser eine alte Flugabwehrrakete. Kreatives Ressourcen-Management.

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Ein neuer Stern am Thai-Promi-Himmel

Golden glitzert der That Luang in der Sonne. Weithin sichtbar ragt eine der wichtigsten buddhistischen Pilgerstätten der Welt auf. Eine architektonische Mischung aus Obelisk, Stufenpyramide und buddhistischem Tempel. Der oberste buddhistische Führer des Landes wohnt im benachbarten Wat.

Einmal im Leben sollte man als Buddhist hier gewesen sein, bekomme ich erklärt. Und daran halten sich offenbar auch alle. Genau wie jeder Mann einmal im Leben als Mönch im Kloster gewesen sein soll, wenn seine Eltern sterben oder alternativ bevor er heiratet. 9 Tage sollten es mindestens sein. Meine Umfrage unter Laoten hat ergeben, dass nicht alle diese Zeitspanne schaffen. Dafür bleiben aber auch viele länger, wie Seang und sein Freund, die die Lehren Buddhas jetzt schon seit 4 Jahren studieren.

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