Landwirtschaft frisst Dschungel auf

Die Luft ist kühl und feucht, es ist als würde man über die Schwelle eines klimatisierten Hauses treten, dabei sind es nur wenige Schritte in den Urwald hinein. Ein paar Hektar Regenwald stehen noch zwischen den Feldern und Viehweiden, wie eine Insel.

Der Boden ist feucht, überall zirpt und raschelt es – oben in den Baumwipfeln klettern ein paar schwarze Affen, daneben sitzt ein Tucan und fünf Bäume weiter klettert ein grüner Papagei in den Zweigen umher.

Erst vor wenigen Monaten hat jemand wieder ein Stück dieses Waldes gerodet: umhauen, anzünden, anpflanzen. Mitten in dem Maisfeld, das dort nun entstanden ist, ragen noch einige Baumstümpfe in den Himmel. Verkohlte Skelette einst majestätischer Bäume.

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Wirtschaftsmodell Weggehen

Überlandbus im Norden Nicaraguas

„Das Ticket habe ich noch als Erinnerung, es wird mich das Haus kosten“, sagt Doña Sofia (Name geändert). Sie ist Ende 30 und hat ein strahlendes Lachen. Sie lacht auch, wenn sie Dinge erzählt, die sie nicht lustig findet. Und manchmal weint sie kurz darauf. Sofia hat versucht, was viele Frauen im Norden von Nicaragua machen: Sie ging zum Arbeiten nach Spanien. Einen Monat hat sie es dort ausgehalten, jetzt ist sie wieder in der kleinen Stadt im Norden von Nicaragua.

„Hier gibt es kaum Arbeit, und das bisschen, was sie bezahlen, das reicht nicht. Das sind vielleicht 100 Dollar im Monat.“ In Spanien – so war ihr Traum – würde sie das Zehnfache verdienen, könnte Geld an ihren Mann und die beiden Töchter schicken. Viele Menschen in Nicaragua versuchen ihren Lebensunterhalt im Ausland zu verdienen. Die Frauen gehen nach Spanien, die Männer arbeiten auf den Feldern bei Nicaraguas Nachbarn.

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Andere Ideen: ätherische Öle aus dem Urwalb

Konzentrierter Duft

So wie die einzelne Familie gut beraten ist, die Finca nicht nur auf ein Produkt auszurichten, so glaube ich, ist auch Nicaragua gut beraten viele verschiedene Ideen zu entwickeln. Immer wieder haben mir die Menschen in Nicaragua von dem Potenzial vorgeschwärmt, dass es in der nachhaltigen Holzproduktion gibt, ich habe spannende Ökotourismus-Projekte besucht, aber eine Idee fand ich besonders spannend: ätherische Öle aus dem Urwald.

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Kakao: Die Freunde von Rittersport

Süßer Schleim

Kakao ist schleimig. Wenn die frisch geernteten Kakaobohnen im Zentrum der Kooperative in El Hormiguero ankommen, sind sie noch umhüllt von ihrem Mantel aus süßem Fruchtfleisch. Mandel große Bohnen in weißem Schleim. Felix Vargas schüttet die Kakaofrüchte aus den Plastiksäcken, in denen sie angeliefert wurden, in flache, breite Holzkisten, die er mit Bananenblättern ausgekleidet hat.

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Krank in Delhi – unfreiwilliger Selbstversuch über das indische Gesundheitswesen

Acht Jahre sind vergangen, nun hat es mich mit der Heinz-Kühn-Stiftung wieder in Indiens Hauptstadt verschlagen. In diesen unglaublich faszinierenden, lauten, grellen, dreckigen, stinkenden 14-Millionen-Moloch. Damals, im Februar 2003, war ich auch auf Recherchereise unterwegs. Das war kurz nach meinem Studium und kurz vor meinem Volontariat beim Deutschlandfunk – ich war 25 und hatte ein halbes Jahr freie Zeit, in der ich nur ein wenig Geld verdienen musste. Es war das große Abenteuer vor dem endgültigen Einstieg ins Berufsleben. Inzwischen sind acht Jahre vergangen, ich bin ich 33 und frage mich, warum ich solange gebraucht habe, mal wieder nach Indien zu reisen. Vermutlich war vor allem meine eigene Bequemlichkeit daran Schuld…

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Fairer Kaffee?

Ein Stück selbstbestimmte Wertschöpfungskette

Der faire Handel (Fair Trade) hat den Anspruch mit diesem Muster zu brechen, der Profit soll vor allem bei den Produzenten bleiben. Der zentrale Mechanismus dafür ist die Preisgestaltung. Das Prinzip von Fair Trade: Die Kleinbauern/Kooperativen bekommen für den Kaffee immer einen Bonus auf den Weltmarktpreis und niemals unter einem bestimmten Wert (meist etwa 130 US-Dollar pro Sack Kaffee). Die Kooperativen lassen sich von einem internationalen Kontrolleur für ihre Arbeitsbedingungen zertifizieren und werben damit, dass ihr Kaffee fair produziert und gehandelt wird.

Weder fair noch marktwirtschaftlich?

Für den Agrar-Experten Manuel Fandiño ist der „mercado justo“ weder ein Markt noch ist er fair: „Der Unterschied ist minimal, damit verändert sich das Leben nicht und es erlaubt den Kleinbauern auch nicht, Eigenkapital aufzubauen, um zu investieren.“ Die Direktorin der Kooperative Soppexcca, Fatima Ismael, sieht das anders: „Es geht nicht nur um den Preis.“ Für sie steht die Frage im Mittelpunkt, wie viel der Wertschöpfungskette die Produzenten kontrollieren können.

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Kaffee: Ein Besuch am Anfang der Wertschöpfungskette

Kaffee-Ernte

Die Hänge an denen der Kaffee von Don Pascual wächst, sind ziemlich steil. Der feuchte Boden ist rutschig. Fast die gesamte Familie hat sich Gummistiefel angezogen und klettert gerade zwischen den Sträuchern umher, pflückt die letzten roten Kaffee-Kirschen von den Ästen. Auch zwei Kinder haben sich die Erntekörbe um die Hüfte geschnallt und helfen. „Jetzt sind Ferien“, sagt Don Pascual. Wenn keine Schule ist, dann helfen die älteren Kinder mit.

Ein Eimer Kaffeekirschen bringt den Pflückern knapp einen Euro

„Mit der Hand geht es am einfachsten“, sagt Noemi, die 25-jährige Tochter von Don Pascual. In wenigen Sekunden pflückt sie die verbliebenen 20 bis 30 Früchte vom Strauch und dreht sich zum nächsten. Wenn Don Pascual Arbeiter einstellt, zahlt er für das Pflücken von einem 20-Liter-Eimer Kaffeekirschen etwas mehr als 20 Cordobas, am Ende der Saison auch mal 25 Cordobas (0,90 Euro). Bis zu 12 Arbeiter braucht er wenn viele Kaffeekirschen reif sind.

In den Schulferien hilft die gesamte Familie auf der Finca von Don Pascal bei der Kaffeeernte

Zwischen November und Februar, wenn in Nicaragua der Kaffee geerntet wird, dann ist die Hälfte der Arbeiter des Landes damit beschäftigt, den Kaffee zu pflücken, zu verarbeiten und zu transportieren. In der Ernte 2009/2010 wurden der staatlichen Statistik zufolge mehr als 1,9 Millionen Säcke Kaffee geerntet – das entspricht grob einem Fünftel des jährlichen Kaffeekonsums in Deutschland.

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Fisch oder Fleisch

Müde und ausgehungert starre ich auf die Karte des Restaurants in Santiago. Lachs gegrillt, Lachs frittiert, Lachs gedünstet, Lachs in Whiskey-Soße, Lachs mit Lachs. Nach 20 Stunden Flug inklusive Aufenthalt in Sao Paulo will ich nur noch essen und schlafen. Na gut, das ein oder andere Glas chilenischen Rotweines darf natürlich auch dabei sein. Oder doch lieber ein Pisco Sour? Ich entscheide mich für beides. Nur was soll ich essen? Ich frage den Kellner, wo denn der Lachs herkommt? “Natürlich aus Chile”, antwortet er stolz. “Der beste Lachs der Welt!” Leider weiß ich schon zu viel und nehme das Steak. Und das war eine gute Wahl. Ich bekomme ein Stück Fleisch, so groß wie der Teller, blutig und dick. Die beiden blonden Skandinavierinnen am Nachbartisch mit ihren gedünsteten Lachshäppchen schauen angewidert zu mir rüber. Ich lächle zurück. Wenn ihr wüsstet…

Der chilenische Lachs begegnete mir also schon am ersten Tag meiner Reise. Trotzdem verlasse ich Santiago de Chile am nächsten Tag wieder. Eigentlich wollte ich hier der NGO “Terram” einen Besuch abstatten, die sich mit der Lachszucht in Chile beschäftigt und scharfe Kritik in Richtung Lachsindustrie sendet. Doch kurz bevor meine Reise beginnt, teilt man mir mit, ich solle doch besser erst im März vorbeikommen. Im Februar sei das Büro in Santiago geschlossen. Urlaubszeit. Den ganzen Monat. Ok, das hätten sie mir auch früher sagen können aber ich komme ja nochmal zurück in die Hauptstadt. Überhaupt entpuppt sich meine Reisezeit als nicht ganz so clever ausgewählt. Der Februar ist die Haupturlaubszeit der Chilenen und ich musste meine Reiseplanung mehrfach umwerfen, um alle Leute treffen zu können, mit denen ich reden wollte. Die Chilenen sind ganz entspannte Menschen, als ich mich vor einigen Monaten ankündigte, hieß es immer “kein Problem, komm einfach vorbei”.

Nun bin ich also schon am dritten Tag meiner Reise, nach 15 Stunden Busfahrt, in Puerto Montt gelandet. Dem Zentrum der Lachsindustrie in Chile und wohl auch das größte Ballungsgebiet dieser Industrie weltweit. 60 000 Menschen verdienen in dieser Region ihr Geld direkt mit dem Lachs, wahrscheinlich deutlich mehr indirekt. Von Zulieferbetrieben bis zu den Prostituierten im Hafenviertel.

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